Universität KonstanzExzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“

Prof. Rudolf Schlögl wird Reinhart-Koselleck-Projekt zugesprochen

4. Dezember 2009

Prof. Rudolf Schlögl. Foto: Michael Latz

Prof. Rudolf Schlögl
(Foto: Michael Latz)

500000 Euro für „innovatives und risikobehaftetes Projekt“ zur Gesellschaftsgeschichte und Theorie der europäischen Frühneuzeit

Professor Rudolf Schlögl, Historiker an der Universität Konstanz und Sprecher des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“, wurden am 3. Dezember 2009 von der DFG ausgeschriebene Fördermittel im Rahmen der „Reinhart-Koselleck-Projekte“ zugesprochen. Die Mittel werden an Wissenschaftler vergeben, die an „besonders innovativen oder risikobehafteten Projekten“ arbeiten. Die Fördersumme beträgt 500.000 Euro und wird für einen Zeitraum von fünf Jahren vergeben.

Bislang wurde noch kein geisteswissenschaftliches Projekt als Reinhart-Koselleck-Projekt ausgezeichnet. Als „innovativ und risikobehaftet“ gilt damit das Projekt mit dem Titel: „Vergesellschaftung unter Anwesenden und ihre Transformation. Eine Gesellschaftsgeschichte und Theorie der europäischen Frühneuzeit".
„Das ist eine große Auszeichnung für die Geschichtswissenschaft“, sagte Professor Rudolf Schlögl. „Ich freue mich, dass damit anerkannt ist, dass es auch in den Kulturwissenschaften Risikoforschung gibt. Ich begreife das als Auszeichnung für ein unkonventionelles Thema. Ich freue mich, dass damit Forschung zu diesem Thema in den nächsten Jahren erheblich erleichtert wird“.

Es gibt derzeit keine konsistente, die Forschung leitende Vorstellung davon, was die Gesellschaft der europäischen Frühneuzeit sei. Das Projekt zielt darauf, diese Gesellschaft in ihrer epochalen Einheit zu beschreiben und gleichzeitig die bestimmenden Transformationsprozesse zu erfassen, die sie auszeichnen. Ausgangspunkt dafür ist ein kommunikations- und medientheoretisch fundiertes Modell von Kommunikation unter Anwesenden. Dieses theoretische Konzept führt dazu, dass auch die gängigen Transformationsmodelle überdacht werden müssen. An die Stelle von Entwicklung treten Emergenz, Komplexität und Kontingenz. Im Mittelpunkt werden die mediale Umgestaltung der frühneuzeitlichen Gesellschaft im umfassenden Sinn und deren Selbstbeschreibungen in Verbindung mit einer Geschichte der Strukturen stehen. Die Risiken des Projektes liegen in seinem konzeptionellen Anspruch, in den ungeklärten theoretischen Fragen, in der Verbindung von Theorieentwicklung und den Unwägbarkeiten der historischen Forschung und in der Herausforderung einer angemessenen Darstellung.

Prof. Dr. Rudolf Schlögl studierte Deutsch, Geschichte und Sozialkunde an den Universitäten Augsburg und Erlangen-Nürnberg und promovierte 1986 zum Thema: Oberbayerische Bauernwirtschaft und Territorialstaat im 17. Jahrhundert. 1992 Habilitation und Verleihung der Venia Legendi für Neuere Geschichte. Seit 1994 ist er Ordinarius der Neueren Geschichte an der Universität Konstanz, seit 2000 Sprecher des von der DFG eingerichteten Kulturwissenschaftlichen Forschungskollegs „Norm und Symbol. Die kulturelle Dimension sozialer und politischer Integration“. Seit 2006 ist Professor Rudolf Schlögl Sprecher des von der DFG eingerichteten Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“.

Zu den Forschungsschwerpunkten von Professor Schlögl zählen die Ländliche Gesellschaft der Frühen Neuzeit, Frömmigkeit, Kirche und soziale Ordnung (einschließlich der einschlägigen Aspekte der Geschlechtergeschichte), die Entwicklung und Säkularisierung der vormodernen Wissens- und Weltdeutungssysteme, Herrschaft und Staatsbildung in der Frühen Neuzeit, Adelsgesellschaft und Hof, politische Kultur der frühneuzeitlichen Stadt, Geschichte und sozialwissenschaftliche Theoriebildung sowie Kommunikation und Medien.